
Im Sommer sagte ich im Scherz: Vielleicht treffen wir uns ja.
Wirklich daran geglaubt, hatte ich nicht.
Es hat sich gelohnt, noch ein weiteres Mal zum Reindeer-Pavillon heraufzukommen.
Heute ist die Scheibe des großen Panoramafensters klar, das Wetter gut, die Aussicht grandios.
Der Geist kann diesen Blick kaum verarbeiten.
Die Weite, die Farben, der Himmel, die Unberührtheit …
Und dann der Mensch - man selbst? Ein Teil des großen Ganzen?!
Gerne würden wir noch ein bisschen verweilen - da stehen und staunen.
Wäre da nicht eben diese Gruppe junger Amerikaner gekommen, die hier oben unbedingt Chips essen müssen...
So machen wir uns bald auf den Rückweg.
Ein 1,5 kilometerlanger Schotterpfad windet sich hinunter zum Parkplatz. Dort scheint mittlerweile viel los zu sein.
Gut, dass wir schon oben waren.
Immer neue Wanderer brechen auf, kommen uns entgegen, alleine oder in Gruppen.
Die einen im Röckchen mit Turnschuhen, die anderen in voller Outdoorkluft.
Die einen aufschauend und grüßend, die anderen starrend und stumm.
Zuweilen bleiben die Gedanken an dem einem oder der anderen hängen:
Woher kommt er? Was macht sie hier? Sind das Norweger? …
Und die Fantasie geht für einen kurzen Moment ihre eigene Wege.
Dann eine neue Gruppe!
Diesmal drei Frauen, sehr junge Frauen. Sympathisch sehen sie aus.
Den Blick nach vorne gerichtet … auf uns!? … kommen sie näher.
Der Geist hört auf zu wabern. Der Augen stellen scharf, fixieren.
Die Erste erinnert mich irgendwie an eine Schülerin aus Stegen.
Die Zweite sieht fast aus wie eine andere Schülerin aus Stegen.
Die Dritte ist d e f i n i t i v eine Schülerin aus Stegen - Silja!
Im Bruchteil einer Sekunde macht es Klick.
Alles fügt sich blitzschnell zusammen, macht Sinn.
Das ist Silja und sie ist mit ihren Freundinnen Johanna, Jule und Sidonie hier im Dovrefjell unterwegs.
Im Sommer hatte sie mir von ihrem Plan erzählt. Nach dem Abi Interrail in Skandinavien!
Ich wunderte mich damals, dass es diese Form des Reisens überhaupt noch gibt.
Das Jubiläumsangebot hatte sie gelockt: Für 300 € drei Monate auf Achse. Klasse!
Jetzt sind SIE hier und WIR sind auch hier.
Irgendwie können wir das alle nicht so ganz fassen! Vor allem ich nicht!
Wir tauschen uns aus, teilen unsere Begeisterung für Norwegen, für Rondane, das Dovrefjell.
Reden über das Wetter, die Kälte, den Regen, die Sonne …
Ich bin abgelenkt. Bei mir rattert es noch immer.
Sooooo ein Zufall aber auch! Das gibt’s doch nicht!
Aber dann höre ich und staune:
Die vier sind mit Zug und Zelt unterwegs und wollen noch weiter: Schweden, England, Schottland, Irland.
Hut ab!
Wir gehen schließlich weiter … die einen bergauf, wir bergab.
Jetzt ist mein Geist zunächst einmal mit dieser „Synchronisität“ beschäftigt und ich starre stumm und gedankenverloren vor mich hin,
während mir andere entgegenkommen, mich vielleicht anschauen, grüßen ….
Unten auf dem Parkplatz sitzt Sidonie auf einem Stein. Ihre Brille ist kaputt. Deshalb ist sie unten geblieben.
Die anderen drei da oben haben sie nicht vorgewarnt - virtuell, meine ich.
„Was machen SIIIEEEE denn hier?“
Fast fühle ich mich, als würde ich Schule schwänzen.
Klar, man kennt sich nur in bestimmten Rollen und Kontexten.
In der Schublade unserer Minna finden wir schließlich ein dünnes Drähtchen, mit dem wir Sidonies Brille reparieren können - zumindest provisorisch.
Bis Optik NOSCH aus Kirchzarten ihr eine neue Brille nach Öresund/ Schweden schicken wird.
So klein ist die Welt! Nichts ist unmöglich!
Mittlerweile sind auch die anderen drei wieder unten.
Gemeinsam suchen sie sich jetzt ein Plätzchen zum Picknick.
Solange die Sonne noch scheint.
Und wir?
Wir steigen in die Minna und fahren weiter gen Norden ins Gebiet der Moschusochsen.
Wenn es der ZUFALL will, sehen wir welche.
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Christa Leuders (Mittwoch, 05 Oktober 2022 14:21)
So klein ist die Welt , ich bin beeindruckt. ���
Eva Matscha-Richter (Dienstag, 11 Oktober 2022 22:49)
Wow! Das ist wirklich sehr witzig und auch supernett, dass Ihr Euch getroffen hat. Und wie schön, dass die drei so eine schöne Reise machen ☺️!