Aurora

Der erste klägliche Versuch

Montag Abend, kurz vor 10. 

Wir haben gerade gegessen. Sind ziemlich träge. 

Es ist der zweite Abend in unserem very cosy guest appartement in Rondane, nach 6 Wochen Minnalismus.

Und eigentlich ist die Perspektive auf das schöne gemütliche 1.40er-Bett unwiderstehlich. 

 

Doch dann vibriert das Handy. WhatsApp von Bart. Unser Gastgeber.

„Big chance for aurora this evening“, schreibt er.

Mein Puls beschleunigt schlagartig. Nordlichter? Jetzt? Schon hier? Scheiße…

Im Vorfeld unserer Reise hatte ich mich damit beschäftigt. 

Hatte darüber gelesen, welchen Aufwand Fotografen betreiben, um diese irren Bilder zu kriegen. 

 

Das Handy vibriert. Wieder Bart.

„Bit of an activity visible at front door“

Was? Direkt an der Vordertür?

In der Aufregung finde den Lichtschalter im Flur nicht, stolpere die Treppe runter und stehe in 

T-shirt und mit Badeschlappen in der Kälte vor dem Haus.

Tatsächlich. Der Himmel über den dunklen Tannenspitzen schimmert grünlich. 

Nicht wirklich deutlich aber sichtbar. Unglaublich, mein allererstes kleines Nordlicht. 

 

„Midnight will be a show“ Bart steht plötzlich neben mir und grinst.

„Enjoy aurora hunt“, sagt er noch und geht dann ins Bett.

Ich haste die Treppe wieder rauf, Show … Midnight … noch zwei Stunden…

Eine halbe Stunde später sitzen wir in der Minna, sind unterwegs. 

Wir sollen die 27 nehmen, der Tipp von Bart. Rauf zum Paß.

Dorthin, wo man bis zum Horizont blicken kann.

Viel zu schnell fahre ich durch die engen Kurven. Hinten in der Minna fliegt irgendetwas aus dem Regal. Egal.

Wie war das noch mit der Nordlichtfotografie. Weitwinkel, Stativ, offene Blende, Iso hoch.

Manuell fokussieren, Bildstabilisierung ausschalten, Selbstauslöser…Luft anhalten

Soweit die Theorie.  Die Realität auf dem Paß ist stockeduster und auf eine fiese Art kalt. 

Das Stativ ist ganz hinten im Bauch der Minna vergraben (ich kann doch jetzt nicht alles ausräumen) und wo war nochmal der Selbstauslöser im Menü? 

Das Nordlicht ist immer noch sehr schwach. Kommt schon noch, ist noch nicht Mitternacht.

Ich steige aus, steige wieder ein, mache das Licht im Führerhaus aus und wieder an, weil ich die Einstellungen an der Kamera nicht wirklich blind beherrsche.

Ich mache ein paar Bilder irgendwie, murkse mir was zurecht und sehe erstmal fast nix. Jedenfalls nicht das, was ich gerne sehen würde. 

Also noch höhere Iso, noch längere Belichtungszeit, ohne Stativ, ohne Selbstauslöser, mit Bildstabilisator. Zwerchfellatmung.

Luft anhalten. Alles falsch gemacht... 

Und doch entstehen 2 ordentliche Bilder. 

 

Die ganz große Show gibt es in dieser Nacht nicht. 

Gegen halb eins fahren wir wieder runter. 

Beeindruckend war es trotzdem, vor allem aufregend.  

Inzwischen habe ich mir sagen lassen, daß man die Nordlichter angeblich mit dem bloßem Auge nicht so intensiv wahrnimmt, wie mit der Kamera.

Keine Ahnung, ob das tatsächlich so ist oder ob die Intensität zunimmt, je weiter man in den Norden kommt. 

Wir werden es erleben. Die „Saison“ hat ja gerade erst angefangen. 

Achja, ich habe mir jetzt eine Nordlicht-App runtergeladen. Die Pro-Version.

Die meldet sich das nächste Mal rechtzeitig und von alleine.

Und dann werde ich vorbereitet sein.

Ganz sicher.

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Kommentare: 5
  • #1

    Eva (Donnerstag, 13 Oktober 2022 19:21)

    Aufregend und sehr schön - aufregend schön! Bin schon sehr gespannt auf die fortschreitende Saison!!! :)

  • #2

    Oli (Freitag, 14 Oktober 2022 19:37)

    Kollege Gerlitz mit zitternden Fingern am Auslöser. Ganz was Neues. Da muss ich schmunzeln. Aber am Ende dann doch wieder gute Arbeit. War ja klar. :-)

  • #3

    Volker (Samstag, 15 Oktober 2022 19:27)

    Oha, eindrucksvoll. Da komme ich ins Schwärmen.
    Wollte ich immer mal erleben, leider nicht geklappt. Euch noch viele, schöne Eindrücke.

  • #4

    Famille Demarcq (Sonntag, 16 Oktober 2022)

    Merci à vous pour cet instant magique !

  • #5

    Heinz (Donnerstag, 20 Oktober 2022 11:36)

    Was für eine spannende Story!! Richtig gelungene Fotos! Gratuliere