Wir haben nicht viel mitgenommen auf diese Reise.
Mußten ziemlich reduzieren. Materiell. Aber auch im Kopf. Loslassen.
Und wenn ich so darüber nachdenke, dann ist uns das ziemlich gut gelungen.
Wir reisen mit wenig „Gepäck“ und das fühlt sich erstaunlich gut an.
Vermißt haben wir bislang kaum etwas.
Also von Familie, Freunden und der Katze mal abgesehen.
Manches andere verliert schnell an Bedeutung, wenn es nicht mehr da ist.
Oder gewinnt an Wert, wenn es nicht mehr selbstverständlich ist.
Am ersten Wochenende nach unserer Ankunft in Rondane drückte uns Bart (unser Host) den Schlüssel zu seiner Berghütte in die Hand.
„Enjoy the weekend in the mountain cabin“, sagte er. „In this little paradise, our personal Walhalla“
Es war ein riesiger Schlüssel, kunstvoll geschmiedet. Die Übergabe hatte fast etwas Feierliches.
„And feel at home“ - er strahlte. Weil er natürlich wußte, was uns erwarten würde.
Wir verabschiedeten uns aufgeregt, fuhren etwa 20 Minuten auf der Hauptstraße durch das Tal, bogen dann nach rechts ab.
Eine schmale Straße führte oberhalb des Atnasjoen steil ins Fjell hinauf.
Bart hatte gesagt, wir müßten erst an der Einfahrt zur Hütte vorbeifahren, am Ende des Weges umdrehen, zurückfahren und von unten rückwärts in die Einfahrt rein. Klingt kompliziert, haben wir aber genauso gemacht. Alles andere wäre mit der Minna tatsächlich ziemlich problematisch gewesen.
Ein kleiner steiler Fußpfad führte durch ein Birkenwäldchen hinunter zur Mountaincabin.
Im Hintergrund die mächtigen schneebedeckten Rondanegipfel, im Tal der See und vor unseren Augen Barts Blockhütte.
Der Anblick war überwältigend. Uns fiel der große Schlüssel wieder ein.
Er glitt ohne Widerstand in die massive Eingangstür, die ebenso mühelos aufschwang.
Bart hatte nicht übertrieben. Sein kleines Paradies. Alles da, was das Herz begehrt. In dieser Kulisse.
Als erstes haben wir den Bollerofen angeheizt.
Anschließend was Leckeres gekocht, jeder (!) ein (!) Bier getrunken, ein bisschen gechillt und dann den Fernseher (!!) eingeschaltet…
Ja, Fern-se-her. (!!!)
Nach zweieinhalb Monaten das erste Mal.
Ganz normal, so wie zuhause, so wie früher. Ganz simpel und linear.
In der Mountaincabin. In den Bergen.
Draußen war es inzwischen stockfinster, drinnen knisterte Birkenholz im Ofen und unser „Wohnzimmer“ schimmerte leicht in diffusem Licht,
dessen Farbe immer wieder changierte, je nach Szene auf dem Bildschirm.
Wir saßen gemeinsam am medialen Lagerfeuer und haben den Augenblick sehr genoßen.
Und all jenen, die immer wieder den Abgesang auf das Fernsehen anstimmen, möchte ich abschließend sagen:
So schnell wird dieses wunderbare Medium nicht aus dieser Welt verschwinden. Ganz sicher nicht.
Der Film hieß übrigens „Der seidene Faden“ mit Daniel Day-Lewis in der Hauptrolle.
Als er zu Ende war, haben wir uns in die urgemütliche Koje gelegt und sind am nächsten Morgen sehr entspannt aufgewacht.
Der Sonnenaufgang war spektakulär und zugegebener Maßen dann doch noch etwas schöner als der Film am Abend zuvor.
Kommentar schreiben
susanne.oertelt@web.de (Dienstag, 15 November 2022 09:44)
Lieber Christof und Thea,
eine fantastische Reise! Habe heute zum ersten Mal in euren Blog geschaut - great!
Genießt diese Unabhängigkeit und Freiheit - es machen großen Spaß, diese Begeisterung, gepaart von Abenteuerlust und Glückseligkeit (dieses Wort gebrauche ich wirklich sehr selten!) zu lesen. Bleibt gesund und weiterhin alles Gute!
Liebe Grüße Susanne
Heinz (Dienstag, 13 Dezember 2022 19:56)
Was für eine tolle Landschaft! Gelungene Fotos!